"Gelebte Integration ist ein nachhaltiger Dialogprozess"
1. Integrationskonferenz im Landkreis München
Auf Einladung des Landratsamtes kamen am 20. Juli Verantwortliche aus allen gesellschaftlichen Bereichen im Wolf-Ferrari-Haus in Ottobrunn einen Tag lang mit Geflüchteten zusammen. Gemeinsam sammelten sie Ideen, wie Integration nachhaltig gelingen kann. Damit ist ein interaktiver Dialogprozess zwischen allen gesellschaftlichen Kräften angestoßen, der in partnerschaftlicher Weise zu einem ganzheitlichen Integrationskonzept führen soll; dieses umfasst bewusst nicht nur die Integration Geflüchteter, sondern die Teilhabe aller im Landkreis lebenden Ausländer. Hauptamtliche und Ehrenamtliche arbeiten dabei wie bisher Seite an Seite.
Zur 1. Integrationskonferenz im Landkreis München kamen weit über 200 Personen, darunter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den 29 Städten und Gemeinden des Landkreises, Kreisräte, verschiedene Soziale Träger, Vertreter von Polizei, Feuerwehr, aus dem medizinischen Bereich, der Agentur für Arbeit und der IHK und HWK, des weiteren Unternehmer, Verantwortliche aus Vereinen, Mitglieder der Helferkreise, rund 35 Geflüchtete und über 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamtes. Moderiert wurde die Veranstaltung von Martina Neubauer, Leiterin des Referats "Chancengleichheit und gesellschaftliche Potentiale" im Landratsamt.
Ziel des Tages war es, alle Akteure im Bereich der Integration Geflüchteter an einem Ort zusammenzuführen und einen intensiven Dialog zu ermöglichen. Im Mittelpunkt stand daher der Austausch von Ideen, Erfahrungen und Wissen. Dazu fanden sieben moderierte Workshops statt zu den Themen "Integration von Flüchtlingen in den Wohnungsmarkt", "Arbeit und Beschäftigung", "Spracherwerb und Bildung", "Together?! - Wie wollen wir uns begegnen?", "Voneinander lernen" und "Gesundheitsnetz für Flüchtlinge". Zudem konnten Geflüchtete im moderierten Workshop "Was brauchen WIR? - Die Perspektive Geflüchteter" ihre Beobachtungen, Fragen und Vorschläge äußern.
Alle Workshops fanden dreimal nacheinander in jeweils einstündigen Sessions statt, so dass jeder Teilnehmer die Möglichkeit hatte, an drei Workshops mitzuwirken. Moderiert wurden die Workshops von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landratsamtes sowie von interkulturellen Trainerinnen. In allen Workshops wurde gefragt: Welche Schwierigkeiten und Hürden sind da? Welche Ressourcen und Fähigkeiten sind nötig, um gemeinsam Integration zu ermöglichen? Und wie können Lösungen aussehen, neue, gelingende Wege zu gehen?
Alle in den Workshops erarbeiteten Beobachtungen, Ideen und Vorschläge wurden auf Moderationstafeln gesammelt und sorgsam dokumentiert. Dieser gemeinsam ausgearbeitete Fundus wird jetzt im Detail vom Landratsamt gesichtet, geordnet und zu einem konkreten Integrationsfahrplan weiterentwickelt.
"Integration ist ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag", sagte Thomas Loderer, Erster Bürgermeister der Gemeinde Ottobrunn, zur Begrüßung. "Alle gesellschaftlichen Gruppen sind aufgefordert, dabei zusammen zu arbeiten."
"Integration ist eine gemeinschaftliche Herausforderung"
"Entscheidend für uns alle ist die Partnerschaft zu den Menschen, die hier leben: zu den Menschen, die neu zu uns gekommen sind, und zu den Menschen, die bereits hier leben", so Landrat Christoph Göbel in seinem Grußwort. Mit dem Integrationskonzept beschäftige sich das Landratsamt bereits seit vielen Jahren, lange bevor von Flüchtlingen und Asyl überhaupt die Rede gewesen sei. Insgesamt lebten Menschen aus 160 Nationen im Landkreis München, "und sie alle sind ein aktiver Teil der Gesellschaft."
"Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, Instrumente zu entwickeln und den Prozess zu moderieren, damit Integration gelingt - interaktiv, unter Beteiligung der Bevölkerung", erläuterte Göbel die Zielsetzung der Integrationskonferenz. "Integration ist eine gemeinschaftliche Herausforderung, da liegen viele Potentiale und Chancen. Es gab und gibt ein unglaublich großes Maß an Bereitschaft bei uns, Menschen aufzunehmen und in die Gesellschaft zu integrieren, mehr als 4.000 Menschen sind allein in den Helferkreisen aktiv."
Es sei ganz normal, dass Veränderung in eine Richtung, die noch unbekannt sei, immer ein mulmiges Gefühl mit sich bringe. Und er ergänzte: "Wir wollen daher im Dialog mit allen sein, wollen aktiv das Gespräch suchen, wechselseitig und interaktiv. Die Integrationskonferenz ist der Auftakt zu einem breitflächigen Dialogprozess, in dem wir einander Ideen zurufen, die wir dann weiter verarbeiten. Ziel ist eine lernende Vorlage für uns alle."
"Heimat ist mehr als ein Ort"
In seinem Impulsreferat zu Beginn der Integrationskonferenz erläuterte Dr. Norbert Göttler, der oberbayerische Bezirksheimatpfleger, den Begriff "Heimat". Im 18. und 19. Jahrhundert sei dieser ein juristischer Begriff gewesen - mit "Heimatrecht" sei eine soziale Absicherung verbunden gewesen. Dann sei der topographische Heimat-Begriff entstanden, der Heimat an einen oder mehrere Orte binde - Begriffe wie Heimweh, Verlusterleben und Heimatwerdung als Prozess gehörten hierher. Heute gelte vor allem der nicht an einen festen Ort gebundene Heimatbegriff: "Menschen haben ein Heimatbedürfnis, sie wünschen sich Vernetzungen, Bindungen, die über Orte hinausgehen, und Begegnungen miteinander."
Offenes Dialogklima
In den Workshops und während der Pausen nutzten die Teilnehmer die Zeit zum Gespräch und zur Vernetzung. Bewusst war die Integrationskonferenz als offenes Dialogforum konzipiert worden. "Dieser offene Raum und das Zusammentreffen von Akteuren aus unterschiedlichen Bereichen hat eine große Vielfalt an Ideen hervorgebracht, mit denen wir jetzt weiterarbeiten", sagt Lisa Graf vom Landratsamt München, die die Integrationskonferenz organisiert hatte. "Wir freuen uns auf die nächste Etappe des Weges: Die Erstellung des Integrationsfahrplans für Geflüchtete mit ganz konkreten Zielsetzungen in jedem der Handlungsfelder."
Auf dem YouTube-Kanal des Landratsamtes finden Sie zudem ein Video, das Ihnen einen kleinen Einblick in die Arbeitsatmosphäre gibt: https://www.youtube.com/watch?v=ipwKWCBYsgs