Hilfe für Geflüchtete bei der Job- und Ausbildungssuche
Interview mit einem Fallmanager anlässlich der Aktionswoche der kommunalen Jobcenter
Lukas Spies ist seit Oktober 2017 im Jobcenter Landkreis München als Fallmanager für junge Menschen unter 25 Jahren tätig. Er betreut Menschen mit Fluchthintergrund.
Welches Beispiel gelungener Integrationen in Ausbildung oder Arbeit fällt Ihnen als erstes ein?
Ich hätte da ein ganz frisches Beispiel: Vor drei Jahren floh eine inzwischen 19-jährige Frau aus dem Iran nach Deutschland und beginnt nun dieses Jahr eine Ausbildung in einem Altenpflegeheim. Mit dem Gehalt kann sie nun alleine ihren Lebensunterhalt bestreiten.
Mir fallen aber auch viele andere Beispiele von Geflüchteten ein, die mittlerweile eine Ausbildung absolvieren – sowohl in klassischen Berufen wie beispielsweise als Friseur/-in oder in der Gastronomie, oder auch in exotischeren Berufen wie etwa als Rollladen- und Sonnenschutzmechatroniker.
Worauf müssen Sie bei der Betreuung Ihrer Zielgruppe besonders achten?
Letztendlich sind der Erwerb und Ausbau von Deutschkenntnissen ein sehr zentraler Baustein zur Eingliederung in Arbeit und ganz besonders zur Integration in Ausbildung. Ohne ausreichende Deutschkenntnisse gestaltet es sich einfach schwierig den Unterricht in der Schule bzw. später dann in der Berufsschule erfolgreich zu absolvieren oder im Betrieb richtig eingearbeitet zu werden.
Wie viele einzelne Schritte sind erforderlich bis Jugendliche mit Migrationshintergrund in der Lage sind eine Ausbildung aufzunehmen?
Die Planung der Eingliederungsschritte ist immer eine sehr individuelle Aufgabe, abhängig von der Ausgangslage. Viele sind noch im klassischen Schulalter, so dass sie neben dem Deutschlernen auch noch der klassischen Schulbildung nachgehen. Häufig stellen sich erst einmal die ganz grundsätzlichen Fragen zum deutschen Ausbildungssystem, zum Stellenmarkt oder zum Bewerbungsverfahren. Während die Jugendlichen diese theoretischen Kenntnisse erwerben, ist es zudem wichtig, dass sie sich insbesondere auch praktisch orientieren, um die richtige Ausbildung für sich zu finden. Dies geschieht meist in Form von Praktika.
Mit welchen weiteren Institutionen bzw. Ämtern arbeiten Sie zusammen?
Uns ist es wichtig, die Jugendlichen ganzheitlich zu unterstützen. Je nach Einzelfall können hier die verschiedensten Institutionen zum Tragen kommen. Gegebenenfalls müssen zum Beispiel ausländische Schulzeugnisse oder Berufsabschlüsse von den entsprechenden Ämtern oder Kammern anerkannt werden. Natürlich haben wir auch Kontakt zu den Schulen und der Berufsberatung der Agentur für Arbeit. Des Weiteren bekommen manche Jugendliche auch Unterstützung durch beauftragte soziale Träger oder durch die Jugend- und Familienhilfe des Jugendamts.
Können die jungen Menschen mit Ausbildungen, die sie beginnen, zur Behebung des Fachkräftemangels beitragen?
Definitiv. Allein schon das anfangs genannte Beispiel mit der Ausbildung zur Altenpflegerin – einem absoluten Mangelberuf – zeigt, welches Potenzial hier liegt. Dies gilt selbstverständlich auch für Bereiche wie Erzieher/-innen oder auch Informatiker/-innen.
Haben ihrer Einschätzung nach die Jugendlichen eine langfristige Perspektive bei den Ausbildungsbetrieben?
Meiner Einschätzung nach bietet eine Ausbildung den Jugendlichen die besten Chancen für eine langfristige Perspektive. Hierbei gilt es natürlich bei den Menschen mit Fluchthintergrund zu beachten, dass sie immer von der politischen bzw. öffentlichen Wahrnehmung abhängig sind. Allein schon die aufenthaltsrechtlichen Regelungen sind hierbei existenziell.
Welche Erfahrungen machen Sie in der Beratung und Betreuung der jungen Menschen, die aus den unterschiedlichen Kulturen kommen?
Ich merke wie wahnsinnig wichtig es ist, dass beide Seiten offen füreinander sind. Zum einen muss den jungen Menschen eine echte Chance gegeben werden und zum anderen müssen sie diese Chance auch nutzen und aktiv verfolgen. Ein tolles Beispiel hierfür ist ein junger Mann, den ich seit einiger Zeit betreue. Er ist Mitglied der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr an seinem Wohnort geworden. Dieses ehrenamtliche Engagement wird belohnt, indem er bei alltäglichen Aufgaben und Fragestellungen tolle Unterstützung durch seine Kameradinnen und Kameraden erhält.
Was schätzen Sie als Fallmanager daran, in einem kommunalen Jobcenter zu arbeiten?
Der Mix an verschiedensten Aufgaben und Herausforderungen sowie damit verbunden die Freiheit, diesen Aufgaben auch nachgehen zu können, sorgt dafür, dass mein Job nicht langweilig wird. Die Arbeit als Fallmanager gibt mir die Möglichkeit, mich für die Belange der Menschen einzusetzen. Die Eingliederung des kommunalen Jobcenters in den Verwaltungsbetrieb des Landratsamts erleichtert die Arbeit des Jobcenters erheblich. Viele Ansprechpartner in anderen Verwaltungsbereichen des Landratsamts sind in demselben Gebäude untergebracht, so ist die Kommunikation viel einfacher. Der Kontakt mit den Gemeinden und Städten im Landkreis München und dort angesiedelten Stellen bildet ein natürliches Netzwerk, dessen sich das Jobcenter als Teil der Landkreisverwaltung einfach nur zu bedienen braucht. Das Jobcenter kann als Organisationseinheit innerhalb des Landratsamts auf kreispolitische Entscheidungen Einfluss nehmen und bestimmte Entwicklungen und Projekte anschieben. So macht das Landratsamt München tatsächliche Arbeitsmarktpolitik, ganz nah am Bürger.