Landkreis arbeitet an Integrationsfahrplan für Flüchtlinge
Integrationskoordinatoren kümmern sich künftig gezielt um Bildung und Arbeitsmarktintegration
Bilder, die jeder im Kopf hat: Tag für Tag kamen, ganz besonders im Jahr 2015, eine Vielzahl Geflüchteter aus den vielen Krisengebieten der Welt und suchten Schutz in Deutschland und anderswo in Europa. Der Landkreis München hat in Spitzenzeiten wöchentlich weit mehr als 100 Asylsuchende pro Woche zusätzlich zur Unterbringung zugewiesen bekommen. Sie alle mussten versorgt werden und benötigten zunächst vor allem ein Dach über dem Kopf. In einem wahren Kraftakt errichtete der Landkreis München in Windeseile die entsprechende Anzahl von Notunterkünften und organisierte die Versorgung der Schutzsuchenden mit Lebensmitteln, Alltagsutensilien und vielem mehr.
Die Aufgabenschwerpunkte haben sich verlagert
Derzeit kommen nur noch wenige Geflüchtete im Landkreis München an. Die Notunterkünfte sind zu einem Großteil aufgelöst und die meisten Menschen konnten in feste Bauten umziehen, die zumindest ein wenig mehr Privatsphäre bieten als Turn- und Traglufthallen. Derzeit leben im Landkreis München rund 3.000 Asylbewerber (einschließlich abgelehnter Asylbewerber mit einer Duldung) sowie rund 880 anerkannte Flüchtlinge. Hinzu kommen rund 300 unbegleitete Minderjährige, die mit Erreichen der Volljährigkeit über kurz oder lang aus dem Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes herausfallen. Die Versorgung und Betreuung der Menschen durch das Landratsamt, durch externe Sozialbetreuer sowie durch die vielen in Helferkreisen organisierten Ehrenamtlichen hat sich gut eingespielt. Daher richtet der Landkreis jetzt den Fokus verstärkt auf die Lebensperspektiven der Asylbewerber und will zielgerichtet die Integration besonders derer stärken, die mit großer Wahrscheinlichkeit für längere Zeit in Deutschland bleiben werden.
Bereits heute gibt es eine Vielzahl von Integrationsmaßnahmen, wie die Vermittlung der Geflüchteten in Sprachkurse, Ausbildungen oder in Beschäftigungsverhältnisse. Und eine Vielzahl von Akteuren - sowohl innerhalb wie außerhalb des Landratsamtes - ist daran beteiligt.
Koordiniert und zielgerichtet
Um diese Maßnahmen besser zu koordinieren, aufeinander abzustimmen und zielführend zu gestalten, arbeitet der Landkreis derzeit an einem "Integrationsfahrplan für Flüchtlinge", an dem neben den Geflüchteten selbst auch Helferkreise, Träger und Verbände der freien Wohlfahrtspflege sowie Vertreter aus Politik und Gesellschaft mitwirken sollen.
Ein erster wichtiger Schritt ist bereits auf den Weg gebracht. Die 15 direkt beim Landkreis angestellten Sozialbetreuer werden künftig die Aufgabe sogenannter Integrationskoordinatoren wahrnehmen. Sie ermitteln in Zukunft u. a. den individuellen Sprach- und Bildungsstandard des einzelnen Geflüchteten, vermitteln ihn gezielt in Bildungsmaßnahmen und schließen Zielvereinbarungen mit den Klienten ab. Auch die Entwicklung von Projekten zu den Themen Werte und Teilhabe, wie Rechtsbildungsunterricht oder interkulturelle Schulungen für Asylbewerber, gehören künftig zum zentralen Aufgabenspektrum.
Um sich dieser Tätigkeit mit der nötigen Intensität widmen zu können, werden sie von den Aufgaben der klassischen Sozialarbeit, wie der Beziehungsarbeit am Klienten, der Krisenintervention in den Unterkünften und der Alltagsunterstützung entbunden Diese Aufgaben übernehmen künftig allein die Mitarbeiter der freien Wohlfahrtsverbände, die bereits eine Vielzahl der Unterkünfte betreuen.
Intensität der Betreuung unverändert hoch
Diese Umstrukturierung bedeutet in der Summe keine Veränderung des Betreuungsschlüssels, den der Landkreis freiwillig von den vorgegebenen 1:150 Personen auf 1:100 Personen gesenkt hat. Die Gesamtzahl der Mitarbeiter bleibt gleich, nur die Aufgaben werden neu verteilt. Der Schlüssel für die Asylsozialberatung wird zwar künftig den vom Sozialministerium vorgeschriebenen 1:150 entsprechen. Dieser wird aber allein durch die beauftragten externen Kräfte abgedeckt und vom Freistaat entsprechend gefördert. Die bislang ebenfalls in der Sozialbetreuung eingesetzten Mitarbeiter des Landkreises werden als Integrationskoordinatoren zwar offiziell nicht mehr auf den Betreuungsschlüssel angerechnet, können sich aber gezielt den Integrationsaufgaben widmen, die sie bisher nur am Rande miterledigt haben. Diese Umstrukturierung ist für den Landkreis daher kostenneutral. Sie könnte sich aufgrund von Förderrichtlinien sogar finanziell positiv auswirken, und das bei gleichem personellen Schlüssel. "Damit können wir zur Verfügung stehende Fördermittel bestmöglich ausschöpfen", kommentierte Landrat Christoph Göbel. "Wo Bundesmittel verfügbar sind, sollten wir sie auch nutzen", so Göbel weiter.
Einstimmig haben die Mitglieder des Sozialausschusses am 21. März sowie die Mitglieder des Kreisausschusses am 27. März dieses Vorgehen dem Kreistag empfohlen. Dieser gab am 3. April sein endgültiges Placet.