Siedlungsabstände rauf, Flächenpotenzial Windenergie runter

*** Pressemitteilung des Regionalen Planungsverbands München ***

Nach Vorabbeteiligung: RPV wägt Forderungen ab und passt Steuerungskonzept zur Windenergienutzung in Region München an

München (11.09.2024) – Der Regionale Planungsverband München (RPV) beschließt den überarbeiteten Entwurf für das Steuerungskonzept zur Windenergienutzung in der Region München. Die Sitzung fand am 11. September 2024 im Rathaus München statt. Als Resultat der Forderungen der Mitglieder aus der Vorabbeteiligung vergrößert der RPV die allgemeinen Abstände zu Siedlungen, reduziert deren Umzingelung und verkleinert große Vorranggebiete im Süden der Region. Als Ausgleich nimmt er weitere Gebiete auf. Übrig bleiben rund 110 Quadratkilometer Fläche, also 2,01 Prozent der Regionsfläche. Der RPV erstellt nun einen Entwurf für das formale Beteiligungsverfahren der Teilfortschreibung Windenergie des Regionalplans.

RPV-Geschäftsführer Marc Wißmann und Thomas Bläser, Regionsbeauftragter der Regierung von Oberbayern, stellten dem Planungsausschuss heute das überarbeitete Steuerungskonzept Windenergie vor. Es fließen wesentliche Forderungen der Mitglieder mit ein, die aus Stellungnahmen im Rahmen der informellen Vorabbeteiligung stammen: größere Abstände zu Siedlungen sowie eine reduzierte Umzingelung dieser und die Aufnahme weiterer Gebiete mit vorgesehenen oder geplanten Windenergiegebieten sowie verkleinerte Gebiete im Süden der Region. Trotz der Zunahme weiterer Gebiete reduziert sich das Flächenpotenzial für Windenergie insgesamt. Zusätzlich fallen durch neue Restriktionen der zivilen und militärischen Luftfahrt Flächen weg. Die Überarbeitung enthält 25 Cluster bzw. Vorranggebiete Windenergie mit rund 110 Quadratkilometern Fläche, was 2,01 Prozent der Regionsfläche entspricht. Im Vorentwurf waren noch 22 Vorranggebiete Windenergie mit knapp 127 Quadratkilometern vorgesehen, was 2,3 Prozent der Regionsfläche entspricht.

„Wir sind den Wünschen unserer Mitglieder schon weit entgegengekommen, können jedoch nicht alle lokalen Vorstellungen übernehmen. Die Fortschreibung des Regionalplans muss auch aus regionaler Perspektive schlüssig und sinnvoll sein“, kommentiert Marc Wißmann. „Viele ursprünglich vorgesehene Vorranggebietsflächen fallen nun weg, weil die erhöhten Abstände zu den vielen Siedlungsgebieten bei uns dies bedingen. Da wir weitere Vorranggebiete aufgenommen haben, stehen unsere Chancen nun dennoch gut, bereits in diesem Verfahren das für Ende 2032 vorgesehene Flächenziel von 1,8 Prozent für die Region München zu erreichen“, führt Wißmann aus.

Siedlungsabstände rauf, zusätzliche Gebiete rein

Die Mindestabstände der Vorranggebiete zu verschiedenen Siedlungsarten werden maßvoll erhöht: zu Wohngebieten von 900 auf 1.000 Meter, zu Mischgebieten (Dorfgebiete) von 550 auf 1.000 Meter und zu Wohnnutzung im Außenbereich (Weiler, Einzelhöfe) von 550 auf 600 Meter. Die Abstände gewährleisten Schutz vor Lärm und optisch bedrängender Wirkung. Der RPV ändert das räumliche Konzept für den Süden der Region, indem er sehr große Gebiete teils verkleinert, weitere Gebiete wie den Perlacher Forst (Landkreis München) als Flächenausgleich mit aufnimmt und die Abstände zwischen den Gebieten – analog zum Norden – auf fünf Kilometer verringert. Ursprünglich waren im Süden Großstrukturen mit einem Mindestabstand von 15 Kilometern vorgesehen. Zudem erweitert der RPV die Suchräume im Bereich der Militäranlagen von Lechfeld und Manching. Dort könnten in der Bauhöhe beschränkte Windanlagen entstehen.

Sonderfall Konzentrationszonen

Aufgenommen werden zudem für Windenenergie rechtswirksame Konzentrationszonen. Das sind kommunale Flächen, die zu einem früheren Zeitpunkt ausgewiesen und auf Eignung und Artenschutz geprüft wurden, die jedoch nach aktuellem Kenntnisstand artenschutzrechtlich bedenklich sind. Es geht um Dichtezentren, die ein geeignetes Habitat für Vogelarten darstellen, die in der Erhaltung gefährdet sind wie Rohrweihe und Baumfalke. Eine Entscheidung zum Umgang mit diesen Flächen steht noch aus. Durch die Aufnahme als Vorranggebiet Windenergie erhofft sich der RPV Stellungnahmen der zuständigen Behörden.

Abwägung aller Stellungnahmen

Der Regionsbeauftragte hat insgesamt 152 Stellungnahmen in einer Abwägungstabelle erfasst und ausgewertet. Auf dieser Basis erstellte er die Unterlagen, um die Abwägung im Planungsausschuss vorzubereiten. Der Beirat Windenergie begleitete die Überarbeitung des Entwurfs für das Steuerungskonzept und tagte jeweils im Juni und Juli dazu. Die Stellungnahmen gingen im Rahmen der informellen Vorabbeteiligung ein, die vom 20. März bis Ende Mai 2024 lief; spätere Rückmeldungen wurden ebenfalls berücksichtigt. Beteiligt haben sich 120 RPV-Mitglieder (62 Prozent), davon 114 Gemeinden und Städte sowie sechs Landkreise, fünf Nachbarregionen und zehn Träger öffentlicher Belange und vereinzelt Initiativen und Privatpersonen. Von der zuständigen Stelle der Bundeswehr gab es bislang keine Rückmeldung. Die Vorabbeteiligung diente dazu, den Vorabentwurf des Steuerungskonzepts Windenergie zu konkretisieren.

Weiteres Vorgehen

Mit dem Beschluss des Steuerungskonzepts Windenergienutzung beginnt das formale Beteiligungsverfahren mit zwei geplanten Anhörungen bis voraussichtlich Ende 2025. Der RPV-Geschäftsführer und der Regionsbeauftragte sind beauftragt, einen Entwurf für das erste Anhörverfahren zu erarbeiten. Dieser soll dem Planungsausschuss im Dezember 2024 vorgestellt werden. Das erste Anhörverfahren soll im ersten Quartal 2025 stattfinden; beteiligt werden die RPV-Mitglieder, die Träger öffentlicher Belange sowie die Öffentlichkeit. Für Anfang 2026 ist der Beschluss zur Änderung des Regionalplans geplant; mit dessen Verbindlicherklärung erreicht der RPV sein erstes Teilflächenziel von mindestens 1,1 Prozent der Regionsfläche. Es wird angestrebt, bereits mit dem aktuellen Fortschreibungsverfahren das für die Region München für Ende 2032 geltende Flächenziel von voraussichtlich 1,8 Prozent zu erreichen.

Gesetzliche Regelung

Bis spätestens Ende 2027 muss der RPV mindestens 1,1 Prozent seiner Regionsfläche von 5.501 Quadratkilometern als Windenergiegebiet gemäß Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) festgelegt haben. Das sind knapp 61 Quadratkilometer. Das individuelle Flächenziel für die Region München bis spätestens Ende 2032 beträgt voraussichtlich 1,8 Prozent, was 99 Quadratkilometern entspricht. Andere Regionen in Bayern müssen 1,4 Prozent, ebenfalls 1,8 Prozent oder zwei Prozent erreichen. Insgesamt muss der Freistaat Bayern in Summe 1,8 Prozent seiner Landesfläche ausweisen. Die Ausweisung regionaler Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Windenergie regelt der Freistaat Bayern im Landesentwicklungsprogramm (LEP). Dessen Novellierung trat am 1. Juni 2023 in Kraft und bildet für den RPV die rechtliche Grundlage, den Regionalplan für Windenergie fortzuschreiben. Das LEP soll bis Ende 2024 hinsichtlich der individuellen Flächenziele der 18 Planungsregionen ergänzt werden.