Strategien gegen den Fachkräftemangel
Im Landratsamt tauschen sich bei einem Netzwerktreffen Kommunalvertreter zum Thema „Integration durch Qualifizierung“ aus
Dass der Fachkräftemangel im Landkreis München ein Thema ist, erfahren Bürgermeister und Wirtschaftsförderer mittlerweile tagtäglich bei Gesprächen mit Unternehmern vor Ort. Schon heute fehlen in Bayern laut IHK 132.000 Fachkräfte. Handwerksunternehmer oder Firmeninhaber fahren mitunter sogar persönlich ins EU-Ausland, um Arbeits- und Fachkräfte für ihren heimischen Betrieb anzuheuern. Dass Migrantinnen und Migranten hierzulande auf bezahlbaren Wohnraum, Sprachförderung und Anpassungsqualifizierungen oder fachspezifische Weiterbildungen angewiesen sind, wird dabei zunächst einmal außer Acht gelassen. Doch Integration kann nur gelingen, wenn die erforderlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.
Das Netzwerktreffen, zu dem Bürgermeister, Wirtschaftsförderer und Integrationsbeauftragte Mitte März ins Landratsamt eingeladen waren, sollte einen Einstieg in das Thema Fachkräftemangel und Integration durch Qualifizierung bieten und einen ersten Anstoß geben, sich dem Thema im Landkreis intensiver zu widmen. Zahlreiche Referenten standen den Teilnehmern als Impulsgeber und Diskussionspartner zur Verfügung.
Arbeitsmarktchancen verbessern
Zusätzliche Arbeitskräftepotenziale lassen sich vor allem bei Migrantinnen und Migranten erschließen. Dies erfordert jedoch intensive betriebliche und gesellschaftliche Integrationsbemühungen. Hier setzt das Netzwerk „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ an. Das gleichnamige, bundesweite Förderprogramm hat das Ziel, die Arbeitsmarktchancen von erwachsenen Migrantinnen und Migranten in Deutschland zu verbessern. Landrat Christoph Göbel unterstützt diese Netzwerkbildung schon allein vor dem Hintergrund, dass sich im Landkreis München bereits heute rund 50.000 Menschen mit Migrationshintergrund bzw. ausländischen Wurzeln befinden. Diese Vielfalt gilt es zur fördern und für den Arbeitsmarkt verstärkt zu erschließen. „Jedoch müssen auch die Herausforderungen gemeistert werden, die damit verbunden sind,“ so der Landrat in seiner Ansprache. „Ob Wohnungsbau, Lohnentwicklung, Flüchtlingswelle, der Ausbau des ÖPNV oder eine leistungsfähige und stabile Bildungs- und Sozialinfrastruktur – der Landkreis und die Kommunen stehen vor gewaltigen Herausforderungen.“
Jens Wucherpfennig, Referent für Fachkräfte und Demographie bei der IHK für München und Oberbayern präsentierte die Ergebnisse einer Befragung, die sich jüngst mit der Anwerbung und Integration von ausländischen Fachkräften befasste. Dabei kristallisierte sich hauptsächlich ein Mangel in technischen Berufsgruppen heraus. Hindernisse darin, ausländische Fachkräfte einzustellen, sehen Unternehmen vor allem in unzureichenden Sprachkenntnissen, in der Bewertung von Qualifikationen und in der aufwändigen Fachkräftesuche im Ausland. Unterstützung wünschen sich Unternehmer bei der Wohnungssuche und in der Errichtung von so genannten Welcome Centern, d. h. Anlaufstellen mit gebündelten Dienstleistungen sowie Weiterbildungsangeboten und regionalen Willkommensangeboten.
Geht es nun um Expertenwissen zu diversen Fragestellungen, ist das IQ-Netzwerk hilfreich. Das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ stellte Stephan Schiele von Tür an Tür Integrationsprojekte gGmbH vor. Die Schwerpunkte des Netzwerkes liegen in der Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung, d. h. dem Aus- und Aufbau der Beratungsstrukturen zur Begleitung des Anerkennungsgesetzes und die Erweiterung um die Qualifizierungsberatung. Weiter werden Qualifizierungsmaßnahmen für Personen mit ausländischen Abschlüssen konzipiert, durchgeführt und finanziert sowie interkulturelle Kompetenzen der Arbeitsmarktakteure aufgebaut und weiterentwickelt.
Best Practice
Über konkrete Beispiele aus der Praxis berichteten Prof. Dr. Claas Triebel von Perform Partner und Jakob Ruster, Geschäftsführer VIA Bayern – Verband für interkulturelle Arbeit e.V. So wird beispielsweise ein Fortbildungsangebot für Beratende, die mit Migrantinnen und Migranten arbeiten, angeboten. Beim Projekt StartMiUp werden akademische migrantische Gründerinnen und Gründer unterstützt. Fehlende Integrationshindernisse seien hier ebenso sprachliche Barrieren, der Behördendschungel sowie fehlende Netzwerke. Aktuell werden Modelle für die interkulturelle Öffnung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Kooperation mit innovativen Unternehmen in München entwickelt, Landkreise in Bayern bei der interkulturellen Öffnung von KMUs unterstützt sowie Unternehmen und Kommunen mit dem Angebot aus migranet, dem bayerischen IQ-Netzwerk, vernetzt.
Auf der Basis der Diskussionsergebnisse mit den Kommunalvertretern soll nun vor Ort in einzelnen Regionen oder Kommunen weitergearbeitet werden. An runden Tischen sollen gezielt Unternehmer mit verschiedenen Netzwerkpartnern und deren ausgewiesener Expertise in Kontakt gebracht werden. Entsprechende Bedarfe sollen ermittelt und Angebote definiert werden. Auch ist denkbar, einen praktischen Handlungsleitfaden für die Problembewältigung in Zusammenhang mit der beruflichen Integration von Migrantinnen und Migranten zu erarbeiten.