„Wir werden dicke Bretter bohren müssen“
Mobilitätsausschuss berät über Busbeschleunigung und Nahverkehrsplan
Klimaschutz und Verkehrsinfarkt – eigentlich Grund genug, um über einen Umstieg vom eigenen PKW auf den Öffentlichen Verkehr nachzudenken. Das Angebot im Großraum München ist attraktiv, und der Landkreis arbeitet kontinuierlich daran, es noch attraktiver zu machen. Aber was hilft ein noch so tolles Regionalbusliniennetz, wenn der Bus in den Hauptverkehrszeiten im selben Staut steht wie das Auto?
Auf zahlreichen Linien im Landkreis München ist das die Realität. Da fällt es vielen schwer, auf die Bequemlichkeit des eigenen Autos zu verzichten, auch wenn der Stau dadurch länger und immer länger wird.
Vorfahrt für den ÖPNV
Der Bus muss also schneller werden, und das geht nur, wenn er gegenüber dem Individualverkehr bevorzugt wird. „Busbeschleunigung“ heißt das Schlagwort, über das der Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur am vergangenen Donnerstag, 12. September 2019, ausführlich diskutiert hat. Ganz unterschiedliche Maßnahmen sind möglich und nötig, um die Geschwindigkeit auf einer Linie zu erhöhen. Dazu zählen etwa eigene Busspuren oder Haltestellen im Straßenraum (sog. Buskaps) statt Busbuchten, die bewirken, dass der Individualverkehr hinter dem haltenden Bus warten muss. Auch eine Bevorrechtigung in 30er Zonen oder an Ampelanlagen sind wichtige Werkzeuge, so dass der Bus möglichst immer auf der „grünen Welle“ schwimmt.
„Es ist aus meiner Sicht dringend erforderlich, dafür zu sorgen, dass unsere Busse schneller, komfortabler und attraktiver werden. Wir müssen erreichen, dass wir alle es ganz objektiv als vorteilhaft erkennen, den öffentlichen Verkehr zu nutzen, weil wir mit Bus und Bahn rascher und zuverlässiger ans Ziel kommen“, so Landrat Christoph Göbel. „Wir müssen uns allerdings auch auf veritable Widerstände einstellen, wenn das für den Individualverkehr spürbare Einschränkungen mit sich bringt. Wir werden dicke Bretter bohren müssen, bis wir auf breite Akzeptanz für solche Maßnahmen stoßen.“
Über bislang nur positive Erfahrungen konnte Neubibergs Bürgermeister Günter Heyland berichten. Unter anderem durch seine Gemeinde führt die erste beschleunigte MVV-Regionalbuslinie im Landkreis München (Linie 210 von Neuperlach Süd nach Brunnthal, Zusestraße). Die erwarteten Diskussionen seien ausgeblieben und die Maßnahmen zeigten Wirkung.
Die Ausschussmitglieder waren sich über den Erfolg busbeschleunigender Maßnahmen einig und sprachen sich einstimmig dafür aus, strategische Grundsätze und Leitlinien für die Busbeschleunigung bei der anstehenden Fortschreibung des Nahverkehrsplanes aufzunehmen und anzuwenden. Auch stimmten sie für die Schaffung einer Stelle „Verkehrsplanung Busbeschleunigung“, die beim MVV angesiedelt sein und die entsprechenden Projekte voranbringen soll.
Fortschreibung in vollem Gang
Die mit der Fortschreibung des Nahverkehrsplans beauftragten Gutachter präsentierten im weiteren Verlauf der Sitzung erste Informationen zum Projektstand. Demnach werden in den kommenden Wochen in fünf Regionalkonferenzen die identifizierten Handlungsbedarfe und davon abgeleitete Maßnahmenvorschläge mit den Kommunen diskutiert. Themen werden dabei unter anderem die Einrichtung von Expressbuslinien, die Ausweitung der Verkehrszeiten morgens und abends, die Aufnahme ergänzender Mobilitätsangebote wie z. B. on-demand-Verkehre als Ergänzung des ÖPNV-Systems oder auch der Ausbau der Barrierefreiheit sein. Im November will man dem Ausschuss erneut über den aktuellen Sachstand berichten.