Zukunftsorientiertes Arbeiten durch strategische Schwerpunktthemen
Landkreis treibt Aufgaben im sozialen Bereich voran, um Prosperität zu sichern
Der Landkreis München ist eine pulsierende Wachstumsregion. Nicht nur die Bevölkerung wächst konstant an, auch das Angebot an Ausbildungs- und Arbeitsplätzen nimmt stetig zu. Etablierte Firmen expandieren, neue Start-ups werden gegründet. Doch die wichtigste Ressource für sie alle ist knapp: 60.000 Fachkräfte fehlten den Unternehmen in der Region München im vergangenen Jahr. Für 2018 wird gar ein Engpass von 71.000 Fachkräften prognostiziert. Sie lockt man nicht nur mit guten Arbeitsbedingungen, attraktiver Bezahlung und moderner Infrastruktur, sondern insbesondere mit bezahlbarem Wohnraum, unbürokratischer Unterstützung in den unterschiedlichsten Lebenslagen und guter Lebensqualität. Vor dem Hintergrund der hohen Lebenshaltungskosten und der großen Wohnraumknappheit sind hier innovative Lösungsansätze gefragt.
Auch die demografische Entwicklung bringt größte Herausforderungen mit sich. Zwischen 2006 und 2016 ist die Zahl der Senioren im Landkreis von knapp 58.000 auf über 70.000 angewachsen. Auch bei dieser Personengruppe fordern die hohen Kosten für Wohnraum, Pflege und Co. ihren Tribut. Viele Senioren stehen - oft nach Jahrzehnten beruflicher Tätigkeit - an der Grenze zur Altersarmut. Der Anteil an Senioren, die Leistungen der Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch XII erhält, nimmt seit Jahren stetig zu. Gleichzeitig benötigen immer mehr Menschen Hilfe durch externe Pflegedienste. Hier gilt es, neue Wohnformen und Pflegeangebote zu fördern. Aber auch präventive Maßnahmen müssen ergriffen werden, um Armut im Alter vorzubeugen.
Will der Landkreis seine florierende Entwicklung auch in Zukunft beibehalten, reicht es nicht, sich allein auf den Ausbau der Infrastruktur und die Ansiedlung neuer Unternehmen zu konzentrieren. Um langfristig die Prosperität zu sichern und das Potenzial der im Landkreis lebenden Menschen bestmöglich zu fördern, müssen insbesondere die sozialen Rahmenbedingungen optimiert werden.
Zum Teil geschieht dies natürlich über die Pflichtaufgaben der Verwaltung, wie etwa die Sozialhilfe, den Bau und Unterhalt weiterführender Schulen, die allgemeine Jugend- und Familienhilfe oder die Ausländerbehörde. Große Bedeutung kommt dabei allerdings insbesondere auch den Aufgaben zu, die der Landkreis freiwillig im eigenen Wirkungskreis übernimmt und die dabei helfen sollen, Bürgerinnen und Bürger auch abseits gesetzlicher Vorgaben in allen Lebenslagen bestmöglich zu unterstützen. Dazu gehören beispielsweise die Unterstützung der Nachbarschaftshilfen, das landkreisweite Bildungsmanagement oder eine möglichst bürgernahe, transparente und gebündelte Darstellung der Möglichkeiten und Angebote im sozialen Bereich auf der Website des Landratsamts
Gemeinsame Lösungsansätze für soziale und infrastrukturelle Herausforderungen
Künftig soll dies nun in noch engerer strategischer Zusammenarbeit geschehen. Synergieeffekte sollen dabei genutzt und Ressourcen zielgenauer eingesetzt werden. Dazu werden sich die einzelnen Geschäftsbereiche künftig noch stärker vernetzen und besonders dringliche und komplexe soziale und infrastrukturelle Herausforderungen, wie beispielsweise den demografischen Wandel, bereichsübergreifend über mehrere Jahre gezielt bearbeiten.
Einen entsprechenden Vorschlag der Verwaltung hat der Sozialausschuss jüngst in seiner Sitzung aufgegriffen und den Auftrag zur Umsetzung erteilt.
Für jeweils drei Jahre sollen Themen, die die Prosperität des Landkreises unterstützen, zu Arbeitsschwerpunkten erhoben und eine gemeinsame Strategie ausformuliert werden. Die beteiligten Geschäftsbereiche erarbeiten hierfür praxisorientierte und zielführende Maßnahmen. Einzelziele, konkrete Projekte und spezifische Aufgabenstellungen der jeweiligen Organisationseinheiten werden dabei dem entsprechenden strategischen Schwerpunktthema zugeordnet bzw. darunter subsumiert.
Den Auftakt bilden für die Jahre 2018 bis einschließlich 2020 die Themen "Fachkräftesicherung", "Lebensraumnahe Hilfen für Hilfebedürftige" sowie "Würdig und erfüllt leben im Alter". Sie wurden anhand der Analyse bestehender Pläne und Konzepte, namentlich des Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts, des Armutsbekämpfungsplans sowie des Aktionsplans für Menschen mit Behinderung und des Jugendhilfeplans, als zentrale Stellschrauben für einen lebenswerten und prosperierenden Landkreis identifiziert.
"Unser wichtigstes Potenzial, die Triebfeder für den Erfolg unseres Landkreises, sind die Bürgerinnen und Bürger, die im Landkreis leben und arbeiten. Sie bringen unterschiedlichste Fachkenntnisse und berufliche Qualifikationen mit, die es bestmöglich zu nutzen gilt. Mindestens genauso wichtig ist es aber, die Lebensumstände des Einzelnen zu berücksichtigen und schnell und flexibel mit passgenauen Lösungen zu unterstützen, wo Hilfe gefragt ist. Denn wenn es den Menschen im Landkreis gut geht, dann geht es auch dem Landkreis gut", so Landrat Christoph Göbel.
Drei Schwerpunktthemen für die nächsten zweieinhalb Jahre
Ziel für die kommenden zweieinhalb Jahre ist es, die Themen gezielt im Sinne einer integrierten Sozialplanung zu bearbeiten und damit die Grundlagen für eine positive gesellschaftliche, aber auch wirtschaftliche Entwicklung des Landkreises auch über die kommenden Jahre hinaus zu schaffen.
"Natürlich haben wir auch bisher schon sozialraumorientiert gedacht und gearbeitet, allerdings meist beschränkt auf einzelne Themen und Geschäftsbereiche", so Landrat Christoph Göbel. "Dementsprechend wurde ein und dasselbe Thema oft mehrmals bearbeitet, immer bezogen auf unterschiedliche Teilaspekte, wie etwa Senioren, Jugendliche oder Menschen mit Behinderung - sozusagen 'indikationsbedingt', von der individuellen Situation eines Menschen aus betrachtet. Letztendlich stehen wir aber bei all diesen Personengruppen immer wieder vor den gleichen Herausforderungen. Mit den neuen Schwerpunktthemen wollen wir uns diesen zentralen Themen deshalb lebens- und chancenorientiert widmen und sie in ein strategisches Konzept gießen, das die Situation und deren Lösung in den Mittelpunkt stellt - unabhängig von den persönlichen Voraussetzungen oder Einschränkungen", so der Landrat weiter. Gerade Familienverbünde würden oft auf unterschiedlichste Weise durch das Landratsamt begleitet. Durch die neuen Strukturen werde auch hier die Betreuung ganzheitlicher aufgestellt und somit vereinfacht, erklärte der Landrat.
Eine ähnliche Arbeitsweise habe man bereits im Referat für Chancengleichheit und gesellschaftliche Potentiale eingeführt, wo 2016 mehrere zentrale Querschnittsfunktionen ganz bewusst gebündelt worden seien, um den Menschen als Potenzial zu sehen - nicht trotz, sondern gerade aufgrund seiner individuellen Voraussetzungen, ergänzte Göbel.
So hat sich der Landkreis München unter anderem zum Ziel gesetzt, mit einem strategischen Maßnahmenmix aus Bildung, Arbeitsmarktpolitik und Internationalisierung Fachkräfte zu gewinnen und diese langfristig in der Region zu halten. Dafür arbeitet der Landkreis in den kommenden Jahren verstärkt daran, verlässliche Strukturen für Unternehmen zu schaffen und aufrecht zu erhalten und Arbeitskräfte nachhaltig zu begleiten und zu unterstützen. Besonderes Augenmerk soll dabei unter anderem auf Jugendliche und junge Erwachsene gelegt werden, beispielsweise über eine Kooperation mit Akteuren aus dem MINT-Bereich und der gezielten Ansprache von Mädchen und Frauen für dieses Berufsfeld oder über die Ausweitung und erhöhte Transparenz der Kommunikation zu Bestand und Angebot an Berufen und Berufsbildern, um Jugendliche insbesondere für strategisch und quantitativ wichtige Berufe zu interessieren.
Das Thema "Lebensraumnahe Hilfen für Hilfebedürftige" widmet sich den Menschen im Landkreis, die in irgendeiner Form Unterstützung durch das Landratsamt benötigen, unabhängig von Alter, Ausbildung, Herkunft, Geschlecht oder Familienstand. Hier wird der Landkreis schwerpunktmäßig daran arbeiten, allen Bürgerinnen und Bürgern sozialraumorientierten Beistand zukommen zu lassen, um ihre Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben zu optimieren und Spannungen und Ungleichgewichte in der Gesellschaft abzubauen. So könnten beispielsweise Lotsenstellen im Landratsamt etabliert werden, um den Bürgern beim Besuch oder Anruf in der Behörde schnelle Orientierung zu bieten und mehr Transparenz über die Gesamtaufgaben und Verantwortlichkeiten der sozialen Akteure im Landratsamt herzustellen. Auch die Website soll weiterhin darauf optimiert werden.
Der dritte Schwerpunktbereich für die kommenden Jahre befasst sich mit der am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppe der Senioren. Ihre Lebenssituation bestimmt inzwischen maßgeblich die allgemeine Lebensqualität im Landkreis. Dabei rückt das Thema Altersarmut zunehmend in den Vordergrund. Hier setzt der Landkreis vor allem auf Prävention sowie Maßnahmen zur Linderung der Folgen von Altersarmut. Der Fokus soll hier unter anderem auf neuen bzw. alternativen Möglichkeiten des Wohnens sowie auf der Stärkung insbesondere der ambulanten Pflege liegen.
Ein Steuerungsgremium wird das Projekt begleiten und Entscheidungen für den Gesamtprozess treffen. Die konkrete Ausarbeitung erfolgt in Projektarbeitsgruppen und entsprechenden Teilprojekten anhand eines zuvor erarbeiteten Projektplans für den Umsetzungszeitraum.
Effizienteres Arbeiten, schnellere Statusüberprüfung
"In unserem Landkreis, der ja der größte Bayerns und geprägt von urbaner Verdichtung ist, gibt es immens viel zu tun, zahlreiche Projekte laufen parallel. Nicht immer war es dabei bisher leicht, auf die Schnelle nachzuvollziehen, an welchem Punkt einer Maßnahme sich ein Geschäftsbereich aktuell befindet. Mit den neuen bereichsübergreifenden Strukturen werden wir in der Lage sein, zentrale Themen unseres Landkreises gezielt und konkret abzuarbeiten und immer aktuell Status und Grad der Zielerreichung zu überprüfen", erläutert Landrat Christoph Göbel. Zudem könne man auf diese Weise auch schnell und effektiv auf sich verändernde Parameter in den Schwerpunktthemen reagieren, so der Landrat weiter.
Nach drei Jahren nicht zu Ende
Natürlich müssen die jetzt schwerpunktmäßig bearbeiteten Themen auch nach 2020 weiter bearbeitet und vorangetrieben werden. Das Ende des Themenschwerpunkts bedeutet deshalb ausdrücklich nicht, dass das Projekt danach als umgesetzt und abgeschlossen angesehen wird. Vielmehr sollen nach drei Jahren intensiver Arbeit die wesentlichen Rahmenbedingungen geschaffen worden sein, um fortlaufend positive Effekte, beispielsweise in der Sicherung von Fachkräften, zu erwirken. Einige Themen werden sich zudem auch in weiteren Schwerpunktthemen künftiger Jahre wiederfinden. Da die sozialen Herausforderungen im Landkreis jedoch vielfältig sind, sollen ab 2021 neue Themen in den Fokus rücken.
Auch im Jugendhilfeausschuss, dem dieses Thema in der vergangenen Woche ebenfalls vorgestellt wurde, fand die Idee der Schwerpunktthemen einhelligen Zuspruch. Wie auch im Sozialausschuss einigten sich Verwaltung und Gremium darauf, regelmäßig im Austausch dazu zu bleiben.
Erste Ergebnisse der thematischen Schwerpunktsetzung sollen 2019 präsentiert werden.