1. Gartenwettbewerb „Privat proVielfalt“ 2023
Projekt "NaturVielfalt Leben"
Das Projekt „NaturVielfalt Leben im Landkreis München“ hat zum Ziel, die biologische Vielfalt im Landkreis zu fördern und für zukünftige Generationen zu erhalten. Dabei werden einerseits aktiv Maßnahmen für den Erhalt und die Förderung vieler nützlicher Insekten wie Schmetterlinge und Wildbienen ergriffen, andererseits sollen über Beratungs- und Bildungsangebote möglichst viele Menschen im Landkreis für die Natur begeistert und zum Mitmachen angeregt werden.
Gartenwettbewerb „Privat proVielfalt“
Bis Mitte September 2023 hatten alle Gartenbesitzerinnen und Gartenbesitzer im Landkreis München die Möglichkeit, sich für den Gartenwettbewerb anzumelden. Beim 1. Gartenwettbewerb lag der Fokus auf Gärten, die besonders struktur- und artenreich gestaltet sind und heimische Blütenpflanzen beherbergen. Diese Pflanzen bieten Insekten Nahrung und Unterschlupf und tragen somit zu einem besonders naturnahen Garten bei. Das Ziel des Wettbewerbs besteht darin, die Aufmerksamkeit auf das wichtige Thema der Biodiversität zu lenken.
Die Botschaft lautet: Auch in Privatgärten kann ein bedeutender Beitrag zur Förderung der biologischen Vielfalt geleistet werden.
Im Landkreis München engagieren sich bereits viele Bürgerinnen und Bürger in Eigeninitiative für die biologische Vielfalt. Das Preisgeld soll dazu dienen, dieses Engagement zu würdigen und die Teilnehmenden zu ermutigen, auch in Zukunft Zeit und Mittel in einen naturnahen, insektenfreundlichen Garten zu investieren.
Vier ausgezeichnete Gärten
Insgesamt sind 36 Bewerbungen mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten beim ersten Gartenwettbewerb „Privat Pro Vielfalt“ eingegangen. Der erste Platz wurde mit einem Preisgeld von 500 Euro prämiert, der zweite Platz mit 300 Euro und der dritte Platz den sich zwei Wettbewerbsteilnehmende teilen, mit jeweils 100 Euro.
1. Platz: Familie Kellner aus Neubiberg
Wer den Garten betritt, spürt sofort die naturnahe Ausstrahlung des gesamten Gartens. Alles wirkt sehr natürlich, mit fließenden Übergängen von verschiedenen Lebensbereichen, die für heimische Pflanzen und Tiere bereitgehalten werden. Einzelstehende Bäume, Sträucher und viele Kletterpflanzen bilden den Rahmen, dazwischen schwingt sich ein kleiner, unversiegelter Trampelpfad vom Steingarten am Naturteich vorbei, durch abgemagerte und blütenreiche Saumbereiche mit Stauden und Kräutern bis hin zum Hochbeet und Wurmwanderkasten, der mit seinen beiden Kammern für eine schnelle und effektive Umsetzung des anfallenden organischen Materials aus dem Garten sorgt. Erkennbar ist auch die besondere Motivation der Familie Kellner, ihren Garten in eine Idylle für heimische Pflanzen und Tiere zu verwandeln. Dort darf es nach dem Vorbild der Natur wachsen und gedeihen. Wildrosen mit Hagebutten, die den Vögeln Nahrung bieten, dürfen hängen bleiben. Ausdauernde Pflanzen wie die Wilde Karde bleiben im Winter stehen und locken so auch in der kalten Jahreszeit Stieglitze an.
Durch den Abtrag von Oberboden und die Gestaltung des Gartens mit magerem, kiesigem Substrat wurde der Grundstein für die biologische Vielfalt gelegt. Denn viele unserer heimischen, immer seltener werdenden Pflanzenarten können dort auf nährstoffarmen Böden noch bestens gedeihen. Starkwüchsige Konkurrenten, die sonst weit verbreitet sind, können sich dort nicht halten. In der Folge etabliert sich ein artenreicher Bestand an Pflanzen, der vielen Insekten, darunter auch spezialisierten Tierarten Nahrung bietet. So hat sich eine beachtliche Vielfalt an Spezialisten unter den heimischen Pflanzen angesiedelt, die weiteren Gartenbewohnern Lebensraum und Nahrung bietet. Belohnt wird die Familie Kellner mit reichlich Besuch aus der Tierwelt: Wildbienen, Hornissen, Schmetterlinge und weitere Insekten, Stieglitze, Mönchsgrasmücken, Erlenzeisige, Schwanzmeisen, Rotschwänze und Rotkehlchen. Mauersegler brüten über dem Balkon in speziell dafür vorgesehenen Nistkästen - und das mit großem Erfolg! Am und im Teich finden sich Kröten, Molche und Köcherfliegenlarven (letztere sind ein Indikator für gute bis sehr gute Wasserqualität, also sauerstoffreiches und zugleich nährstoffarmes Wasser). Unzählige, besiedelte Insektenhotels, etwa 20 Vogelnistkästen und Unterschlupfmöglichkeiten für Igel ergänzen den sehr vielfaltigen Garten für die Biodiversität.
2. Platz: Familie Leitenberger aus Furth (Oberhaching)
Der Garten überzeugt durch eine sehr große Vielfalt an verschiedenen Lebensräumen mit einem breiten Spektrum von feuchten bis hin zu trockenen Lebensräumen. Sehr viele Flächen werden bei der Familie Leitenberger im Garten genutzt, um heimischen Pflanzen und Tieren einen Lebensraum zu geben. Schon im Eingangsbereich bietet die flächendeckend bewachsene Stellplatzüberdachung mit Efeu Unterschlupf für viele Insekten, unter anderem auch für nistende Zaunkönige. Daran schließt sich ein Vorgartenbereich an, der sich als Sukzessionsfläche auf magerem Kies entwickelt hat. Eine Vielzahl von spezialisierten Pflanzen für trockenheitsverträgliche Standorte konnte sich hier ansiedeln. Integriert in diese Fläche ist ein kleiner, kiesiger Naturteich, der sich nur zeitweise mit Wasser füllt und dann wieder trockenfällt. Diesen Teich suchten bis vor wenigen Jahren offenbar noch einige Wechselkröten regelmäßig auf.
Im Garten wird darauf geachtet, dass nur wenig Fläche versiegelt und nur natürliche Materialien verwendet werden. So führt nur ein Trittplattenweg aus Naturstein durch den zentralen Bereich des Gartens. Ansonsten geht es fast ausschließlich über unbefestigte Wege durch den Garten. Neben einem größeren Gartenteich, der mit Seerosen und weiteren Wasserpflanzen bewachsen ist, gibt es noch zwei große Trockenmauern mit vielen Nischen und Spalten, in denen Insekten und Eidechsen überwintern können. Einige große Bäume, von denen manche mit Klettergehölzen bewachsen sind, ergänzen das große Angebot an Lebensräumen und Nischen, ebenso wie stehendes und liegendes Totholz an verschiedenen Stellen im Garten, das für totholzbewohnende Insekten lebensnotwendig ist. Doch insbesondere die blütenreichen Wiesenbereiche fallen auf, die für heimische Insekten sehr wichtig sind, aber leider immer seltener werden. Ein abgemagerter und damit besonders artenreicher Wiesenabschnitt wurde vor Jahren mit heimischem Saatgut eingesät. Da er nur einmal Ende Juni gemäht wird und Teilbereiche über den Winter als Überwinterungsquartier beispielsweise für Schmetterlingsarten stehen bleiben, ist er besonders wertvoll für die Insekten. Solche Wiesenbereiche sind heutzutage eine Seltenheit geworden, da viele Leute ihren Rasen regelmäßig (schlimmstenfalls mit Mährobotern) regelrecht trimmen. Ein- bis zweimalig gemähte Wiesenabschnitte stellen jedoch einen wertvollen Lebensraum für unsere heimischen Insekten dar.
Zwei dritte Plätze
Den mit jeweils 100 Euro dotierten dritten Platz teilen sich Nina Fuchs aus Ismaning und Familie Bach aus Unterhaching.
3. Platz: Frau Fuchs aus Ismaning
Der Schrebergarten von Frau Fuchs stellt unter Beweis, dass auch die begrenzte Fläche eines Schrebergartens oder eines Kleingartens bestens dazu geeignet ist, die biologische Vielfalt zu fördern. Die Gartenfläche ist geradezu ein Idyll für Insekten. Denn der Gartenbesitzerin gelingt es, kleinräumig sehr viele Übergänge und Nischen zu schaffen. Dabei liegt ihr besonderer Fokus auf der Förderung der bedrohten Insekten. Frau Fuchs nutzt vor allem die sonnigen Gartenflächen als potenzielle Lebensräume für Insekten. Diesen macht sie ein reichhaltiges Angebot durch magere, sandig-kiesige Bereich für heimische, trockenheitsverträgliche Kräuter und Stauden, die ihrerseits Insekten anlocken. Ein eigens für bodenbrütende Insekten angelegtes Sandarium und eine mit kiesigem Substrat aufgebaute Fläche, die vormals mit Gartenplatten belegt war, schaffen einen besonderen Lebensraum für Wildbienen. Dadurch konnten seltenere, heimische und trockenheitsverträgliche Pflanzen angesiedelt werden. Erfolgreich schafft Frau Fuchs damit genau das Angebot, das Wildbienen benötigen, um im Boden nisten zu können und Nahrung in Form von Pollen und Nektar zu finden. Rund drei Viertel unserer Wildbienen sind bodenbrütende Arten. Natürlich haben auch Nisthilfen für Wildbienen und Vögel in Frau Fuchs Garten einen festen Platz. Kleingarten- und Schrebergartenparzellen sind deswegen für die Förderung der biologischen Vielfalt interessant, weil hier eine sehr große Vielfalt an Pflanzen zusammentreffen kann. Je mehr Pächterinnen und Pächter einer solchen Gartenanlage die Gestaltungsgrundregeln für einen naturnahen Garten berücksichtigen, desto mehr Lebensraum finden unsere heimischen Pflanzen und Tiere vor.
3. Platz: Familie Bach aus Unterhaching
Artenvielfalt durch Gemüsegärtnern, das trifft auf diesen Garten zu. Durch das Anbauen von sehr vielen Kräutern und Gemüsesorten in einem großen Teil des Gartenbereichs wird von der Familie Bach eine hohe Anzahl an blühenden Pflanzen über das ganze Jahr erreicht. Viele Obstbäume, Beerensträucher und eine Hainbuchenhecke sowie eine größere, blütenreiche Wiese, sonnige und schattige Staudenbeete vervollständigen das vielfältige Angebot an Blüten und Lebensräumen im Garten. Chemische Pflanzenschutzmittel, chemisch-synthetische Dünger und die Verwendung von Torf sind tabu. Stattdessen wird auf natürliche Mittel wie zum Beispiel Brennnesseljauche zur Gesunderhaltung der Pflanzen gesetzt.
Der Stoffkreislauf des anfallenden organischen Materials ist vorbildlich, alles wird wiederverwertet. Der gereifte Kompost wird in die Gemüseflächen, Staudenbeete und Baumscheiben eingebracht. Andere Bereich wiederum, wie die Wiese und Saumstrukturen werden nährstoffarm gehalten, so dass sich hier auch trockenheitsverträgliche Pflanzen angesiedelt haben. Auch hier darf die Wilde Karde wachsen. 10.000 Liter Wasser können aufgefangen und der Wiederverwendung zugeführt werden. Der naturnah bewirtschaftete Garten lockt, Wildbienen, Hummeln, Schmetterlinge und verschiedene Vogelarten an, die hier regelmäßig zu Gast sind. In diesem Garten gelingt es, Nahrungsmittel anzubauen und gleichzeitig sehr viel Nahrung und Lebensraum für Insekten und andere heimische Tierarten anzubieten.